Meine Kunden sind mir persönlich wichtig, und oft beruht das auf Gegenseitigkeit. Heute z.B. war ich mit einer mir sehr liebgewonnenen Kundin zum Lunch verabredet. Wir kamen irgendwie auf das Alltägliche und auf das Besondere, was manchmal im Alltäglichen liegt. Zum Beispiel gibt es manchmal Momente, die den Alltag so unnötig komplex machen, die Entscheidungen erfordern an Stellen, an denen man sie nicht vermutet und geradezu von ihnen überrumpelt wird.
Sie sagte zu mir: „Das ist wie mit der Marmelade! Da stehst Du vor dem Regal mit diesen ganzen Sorten. Frucht mit Sternanis, mit Zimt, mit hohem und niedrigen Fruchtanteil, mit Zucker und Stevia, eine ganze Wand aus Marmelade. Du bist schier überwältigt von der Vielzahl der Entscheidungsmöglichkeiten. Aber eigentlich willst Du doch nur Marmelade!“.
Wie schön wäre es, wenn eines der Gläser abholbereit und handreichend auf uns warten würde, sagen würde, „nimm mich mit, ich bin genau Dein Ding! Lecker und einfach nur Marmelade.“ Wer weiß, was die Digitalisierung für uns noch bereit hält.
Meine Kundin sagte dann noch: „Das endet dann darin, dass ich Zuhause vier angebrochene Gläser habe.“
Ich denke, das Marmeladenbeispiel ist großartig. Es ist so herrlich aus dem Leben gegriffen und zeigt mir und vielleicht auch Ihnen, wie die Welt um uns herum gerade funktioniert:
Vielleicht kommt daher auch der Trend, dass Menschen ihre Marmelade wieder selber kochen…
Wir werden die Situation auf dem Marmeladenmarkt nicht ändern können. Aber an unserem ganz persönlichen Entscheidungsverhalten können wir etwas verändern. Der Marmeladenfall ist bestimmt übertragbar auf andere alltägliche Entscheidungssituationen.
Eine nicht immer ganz ernst gemeinte Checkliste – vielleicht wollen Sie es mal versuchen:
In jedem Fall können Sie sich die Frage stellen: Wie sehr ist die Marmeladenwahl symptomatisch für mein Entscheidungsverhalten, und will ich die Herausforderung willkommen heißen, um mich und mein Entscheidungsverhalten zu trainieren?
An dieser Stelle will ich Sie nicht überfrachten mit einem Fachvortrag. Daher leite ich aus den Erkenntnissen der Neurobiologie und Psychologie praktische Typisierungen und Tipps ab, schauen Sie doch mal, ob Sie sich wiedererkennen:
Der Typ „Bloß die richtige Entscheidung treffen“: Sie tendieren dazu, die Dinge gründlich zu analysieren und wollen es vermeiden, Fehler zu machen? Versuchen Sie, mehr in sich hereinzuhorchen und zu spüren, wonach Ihnen ist. Achten Sie dabei auf positive Körpersignale, wie z.B. ein sich ausbreitendes wohliges Gefühl im Bauch oder das „Wasser, das Ihnen im Mund zusammenläuft“.
Der Typ „Alles ist toll, alles muß mit“: Sie neigen zu Impulskäufen, sie handeln aus dem Bauch heraus? Dann versuchen Sie, Ihre Vorhaben mehr zu planen, denn man weiß, dass zwischen Gegenwart und Zielerreichung ein Plan wahre Wunder bewirkt.
Der Typ „Planung ist das halbe Leben“: Sie tendieren zu Planung und dazu, Pläne umzusetzen, To-Do’s abzuhaken? Machmal haben Sie das Gefühl, in einem Hamsterrade zu sein? Dann versuchen Sie es mal mit einer etwas zurückgelehnteren Haltung. Bin ich stimmig mit dem, was ich gerade tue? Macht es für mich Sinn, mich genau so und nicht anders zu verhalten?
Der Typ „Ich ruhe in mir selbst“: Herzlichen Glückwunsch, das klingt ja erst einmal großartig. Zu einem augewogenen Entscheidungsverhalten gehört jedoch neben dem Selbstkontakt auch Planung und Lust auf Aktion. Bei allem Sinnbezug und Selbstkontakt ist auch das Abwägen, das Planen und das Tun im Blick zu behalten.
Ich habe bei einer Philosophin einmal gelesen: Es gibt keine falsche Entscheidung. Es gibt in dem aktuellen Moment immer nur richtige Entscheidungen, da wir stets versuchen, vor dem Hintergrund der vorliegenden Informationen eine gute Wahl zu treffen. Das heißt, den Frieden mit der wie auch immer gearteten Entscheidung zu machen wäre sicherlich ein gesunder Umgang mit Entscheidungen.
Ich wünsche Ihnen viel Spaß beim Experimentieren. Vielleicht schreiben Sie mir mal, wie Sie den Fall gelöst haben.
Derweil verschenken Sie doch einfach Ihre überflüssige Marmelade.